Donnerstag, 28. Februar 2019

Schalanskys Verluste

Judith Schalansky: Verzeichnis einiger Verluste.
Erster Anlauf:Von der Kritik hochgelobt. Und, es gab sogar ein verfügbares eBook in meiner Bücherei. Lesen! Stirnrunzeln mit Captain Cook im Pazifik. Ach und weh. Untergänge. Weiter mit dem Tiger. Noch viel, viel schlimmer. Wo leben diese Germanisten, die als Kritiker solcher Bücher geschätzt sind? Ich bin zutiefst befremdet. Weiter, jetzt kommt etwas mit Bergen.
Zweiter Anlauf:
Ein bunter Strauß, den sie da als Verluste, unwiederbringlich Verlorenes, gebunden hat. Er reicht von Sappho, eine tolle Blume, bis zur miefigen DDR, man kann Gemüse zum Frischhalten nicht in de Keller legen, da es dann nach Kohle riecht. Warum schreibt die sonst so genaue, ja gar pingelige Autorin nicht "Braunkohle"? Aber schlimm wird es, wenn Frau Schalansky bei Schwerin in die Natur auf Spurensuche geht. Frau Oberlehrer, die jedes Pflänzchen und Vogelstimmchen kennt und in eine schlimme Deutschschreibe kleidet, Thomas Mann lässt grüßen. Und vor all der sprachlich gewollten Perfektion kein Jota eigenes Gefühl einbringt. sprachlich fotografisch genaue Darstellung statt Impression, die ich bei Verlust doch haben sollte. Allemal ein "bildungssattes" Buch, das von den Germanisten wohl seiner Sprache wegen hoch gelobt wird
https://www.perlentaucher.de/buch/judith-schalansky/verzeichnis-einiger-verluste.html .
Vom mir nicht. Mein Verlust beim Lesen war "Vitalität". Mit solcher deutscher Literatur gewinnt man keine neuen Leser, man bauchpinselt Germanisten.

Nachtrag. Tut mir leid, das ich noch vor den letzten Verlusten schon urteilte. Habe den verborgenen Schlüssel zu den Verlusten erst nachher in dem Kapitel mit dem alten Mann, der in seinem Anwesen in Tessin das Wissen der Menschheit sammelt und präsentiert, gefunden. Nach diesem Muster hat Schalansky verlorenes Wissen der Menschheit ausgewählt, recherchiert und künstlerisch, es sei ihr zugestanden, manches zu künstlerisch, aufbereitet.

Freitag, 4. Januar 2019

Künstliche Intelligenz und Codismus

Seit bei Christie's Auktion ein Werk, das aus sehr vielen Bildern von Rembrandt mit Hilfe eines Programms der künstlichen Intelligenz von einem französischen Team generiert wurde, einen Preis von knapp 400 Tausend Euro erzielte, ist der Teufel los. Darüber hat beispielsweise Bernd Graff in der Süddeutschen, 2.1.2019 berichtet:

Robbie Barrat, der die von dem französischen Team genutzte Software publiziert hat, schreibt zu seiner Arbeit für das Genre Landschaft:
"AI Generated Landscape Paintings/ Using an implementation of Progressive Growing of GANs and a corpus of tens of thousands of landscape oil paintings scraped from WikiArt, a neural network was trained to create new landscape paintings."
Dabei bezeichnet GAN, Generative Adversial Networks, die Art des genutzten KI- beziehungsweise Artificial Intelligence Programms, hier spezifisch ein neurales Netz, offensichtlich in Software implementiert. Barrat zeigt dann auch auf seiner Website https://robbiebarrat.github.io Beispiele von damit geschaffenen Bildern, aus denen der Producer auswählt. Ich wähle hier bewusst und wertfrei den Begriff Producer, der den Korpus der Vorbilder, die KI-Software samt deren Parametern zum laufen bringt und nicht zuletzt das für den Kunstbetrieb genutzte Bild auswählt, sowie das Bild erfolgreich im Kunsthandel plaziert. Und auswählen muss er wahrhaftig aus den Wust der erzeugten Bilder, da offensichtlich dafür noch keine KI vorhanden, aber das ist wohl nur eine Frage der Zeit.
Wie passt das zu meinem Manifest des Codismus, veröffentlich als Post am 5.11.2018 als Quintessenz meines-in etwa- ein halbes Jahrhundert währenden Dilettantismus im Sinne von liebhaberischer Tätigkeit auf dem Gebiet Computerkunst oder Digital Art? Im Manifest habe ich mich an die Definition des Code von Wikipedia angelehnt: "Ein Code.....ist eine Abbildungsvorschrift, die jedem Zeichen eines Zeichenvorrats (Urbildmenge) eindeutig ein Zeichen oder eine Zeichenfolge aus einem möglicherweise anderen Zeichenvorrat (Bildmenge) zuordnet."
Allerdings ist die Eindeutigkeit gebrochen, sobald man im Code eine Zufallsfunktion nutzt, ein unverzichtbares Mittel des Codismus.
Zur künstlichen Intelligenz: Nimmt man als Urbildmenge den Korpus der Vorbilder, das KI-Programm als Code mit Zufallsfunktion (en), die Bildmenge die generierten neuen Bilder, so sind die KI/GAN-Bilder Teil eines Codismus.
Ich schreibe dies nicht nur unter dem Eindruck der Debatte nach Christie's Auktion, sondern auch dem Einfluss meiner derzeitigen Arbeiten beim Codismus mit Poesie und Fotos beziehungsweise Produkten der Bildenden Kunst als Urbildmenge. Panta rhei. Wunderbar!

Donnerstag, 3. Januar 2019

Trakl visuelle Poesie

Rondel
Verflossen ist das Gold der Tage,
Des Abends braun und blaue Farben:
Des Hirten sanfte Flöten starben
Des Abends blau und braune Farben
Verflossen ist das Gold der Tage.
Georg Trakls Farben sind gold, braun, blau.
Beim visualisieren darf man sich wohl von ihnen nicht berauschen lassen. Als Spiel ist wohl eher weiss, grau, dunkelgrau zutreffend.
Rondell oder Rondel bringt mich in Verlegenheit. Es läuft nichts im Kreis. Es ist eher ein Pendel, eine harmonische Funktion. Es schwingt hin und her, vom Gold über braun, blau zum Sterben und zurück. Ein Kreis, der sich hin und her dreht?
Dann, beim Codieren mit SmallBasic im zweiten Anlauf, ein erstes Ergebnis. Als TPS751 veröffentlicht. Das Programm kann hier angesehen werden: http://smalbasic.com/program/?TPS751
Und dann noch ein weiteres, minimalistischeres: BMX095 . Der Code umfasst nur 23 Zeilen, davon 7 zum Bildaufbau, 6 zum Text. Das Foto zeigt das abfotographierte Endbild, das in einer Animation aufgebaut wird.


Mittwoch, 2. Januar 2019

Colette & birdman

Im Kino: Colette, bei Netflix, Birdman. Unterhaltsame Kontraste aus UK und USA:
Colette, eine Fin de siecle Geschichte der absoluten Emanzipation der Landpomeranze Colette zur Erfolgsschriftstellerin& Lebedame, in Frankreich spielend mit einem verwirrenden englischen Akzent in jeder Einstellung, jedem Dialog und jeder Ausstattung.
Dann den Birdman, genuine vom Broadway, mit faszinierenden minutenlagen Schnitten, tollste Szenerie, Komödie mit nachdenklichen Passagen.
https://www.hollywoodreporter.com/news/making-birdman-alejandro-g-inarritu-761407
Feine Unterhaltung ohne TV.

Freitag, 28. Dezember 2018

Orson Welles Relikt

Orson Welles: the other side of the wind, oder besser, die Netflix Konstruktion aus dem originalen Material aus 1985. Ein sinistres Werk, morituri te salutant: Lilly Palmer ein, John Houston zwei Jahre später+. Und doch sehe ich immer wieder Antonioni blow up aus 1966.
Hat man sich in dem mir diffus erscheinenden Handlungsstrang eingefunden so läuft es ganz gut. Filmkunst?? Dokument? Und von Orson Welles gibt es Meisterwerke, auch nach citizen Kane.

Sonntag, 9. Dezember 2018

Roma in Mexico-Stadt

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Roma_(Film)
Den Wikipediaeintrag stelle ich vorweg, gerade weil ich mit ihm, wie auch mit vielen zitierten Kritiken, nicht einig bin.
Es ist ein Film aus einer Familie der Oberschicht in Mexico-Stadt mit ihren guten Geist, einer von Eingeborenen aus Slums oder ärmsten Dörfern stammenden jungen Frau. Und irgendwie gewinnen alle, weil sie überleben, obgleich ihre Idole zerspringen: intakte, ideale Familien. Und all dies vor einem historischen Hintergrund, der den blutigen Verlust einer Studenten Generation, niedergeschlagen von Illegalen, darstellt und dem tiefsten persönlichen Verlust einer Mutter, dem eines Babies.
Das alles glaubt man auch in Werken von Roberto Bolaño gelesen zu haben. Und nicht enttäuscht sein, der Film spielt im Leben, mit einem einfachen Schnitt am Beginn und am Ende.

Sonntag, 25. November 2018

"The Innovators Dilemma" auch für Google, Apple &Co?

Liest man D.O. Christensen: the Innovators Dilemma aus 1997, so sieht man seine empirischen Befunde durch das von ihm angezogene Beispiel eAuto und die jüngeren Fakten wie beispielsweise iPhone vs Nokia Handy bestätigt. Gerade das Handy zeigt, dass allein der Technologiewandel, hier zum Smartphone, und nicht das Alter der etablierten Technologie den Weltmarktführer zu Fall bringen kann. Ist in diesem Sinne nicht auch die Geldmaschine von Google rund um das googeln oder noch mehr das offensichtlich in eine Sättigung gelaufene iPhone durch einen früher oder später kommenden Technologiesprung gefährdet? Vielleicht wurde dieser Technologiesprung schon geboren und ist noch in seiner Inkubationszeit wie die vergessenen WWW-Suchmaschinen vor Google, der Apple Newton vor dem iPhone, der Li Ion Akku des eAutos, der schon in allen Handhelds war? Sicher haben die Weltmarkführer mit Börsenwerten im Bereich bis 1000 Milliarden € in ihren Inkubationskästen schon eine Reihe von zarten Pflänzchen und ihre Radars suchen unermüdlich potentielle Technologiekonkurrentem um sie zu gewinnen oder zu vernichten. Aber nach der Lehre von Christensen haben sie in den Unternehmen keine Chance, da die bisherige Technologie schon alles besser und erfolgreicher macht.
Länder wie China oder die EU versuchen, mehr oder weniger erfolgreich, das Geschäft der Giganten aus den USA einzudämmen oder zu regulieren. Mein Hinweis mit the Innovators Dilemma zeigt eine weitere, progressive oder gar aggressive Vorgehensweise auf, die zusätzlich zu den Defensiven intensiv gepflegt werden sollte. Im Falle der EU und Deutschlands heisst dies, von Forschung und Enwicklung bis zu Startups durch dem Wert angemessene Forschungsprogramme, Rahmenbedingungen und finanzielle Förderung auch durch Rüstungsaufträge zum "Cyberwar" zu stützen. Als Beispiel dafür können die USA herangezogen werden, welche seinerzeit die Computertechnik und Mikroelektronik von den Forschungsanfängen beispielsweise in den Bell Labs bis zu Aufträgen an die Giganten wie IBM zur Weltspitze bei erreichten Werten und im Markt gebracht haben. Die damals in Frankreich mit vorhandenen Mitteln verfolgte Politik, deren heute bekanntester Erfolg in ein europäisches Airbusprojekt mündete, zeigt, dass die EU die Weltspitze auch schafft. Und gerade die Ideen gedeihen in Europa, nicht nur das WWW wurde hier gebohren, das dann auf der Basis des Internet aus der militärischen Entwicklung ARPANET der USA die Welt umkrempelte. Auch viele Computersprachen haben europäische Herkunft, bis hin zum jüngsten Star: Python. Auch beim Schweizer Offizierstaschenmesser der Digtalen Welt, KI oder AI , braucht sich Europa nicht zu verstecken. Fazit: Die EU braucht auf breiter Front einen progessiven Ansatz um nicht auch in einer sicher kommenden nächsten Technologiegeneration wieder von US-Giganten abzuhängen, sondern sich im Wettbewerb seinen Anteil holt.