Ein ganz anderer Ansatz als für Seilbrücke1 wird für Seilbrücke2 gewählt. Im Gegensatz zu Seilbrücke1, die minimalistisch zum Selbstbau gedacht ist, startet Seilbrücke2 einen Innovationsversuch. Mit einem ganz anderen Vorgehen: erst das Sammelsurium von Bildern bei Google ansehen, daraus sortieren, dann ein Ziel festlegen, lernen aus der Vielfalt, schließlich eine neue Idee daraus für das Ziel zu entwickeln. Habe ich jetzt eine Aufgabe für AI beschrieben, die ich mit NI (Natural I) angehen will?
Das ausgesuchte Ziel ist eine vor allem für Touristen interessante Brücke an einem szenischen Ort. Es finden sich heute viele Brücken dieser Art, die als Ingenieurbauten aus Stahl bezeichnet werden können. Soweit andere Baustoffe verwendet werden, dienen sie mehr oder weniger der Verzierung: Holz-Laufflächen statt Stahl oder gar Laufflächen aus Sicherheitsglas fallen auf. Ein ganz wesentliches Merkmal dieser Ingenieurbauten sind seitliche Abspannungen der flexiblen Konstruktion um Schwankungen bei der Benutzung oder Schwingungen durch Wind zu bekämpfen. Beide können Probleme bereiten, da sie sich Schwingungen aufschaukeln können. Bei den Konstruktionen sind keine Teile zu erkennen, welche die Schwinungen dämpfen, zum Beispiel durch Reibung. Daher müssen die Freiheitsgrade für die unerwünschten Schwingungen bei den Ingenieurbauten beschränkt werden, zum Beispiel durch Abspannungen.
Die Gruppe der sogenannten Inkabrücken, die mit verschiedenen Naturfasern gebaut sind und offensichtlich damit auch in Stand gehalten werden, zeigen keine solchen Abspannungen. Sicher haben sie schon deshalb wenig Probleme mit Schwingungen, weil sie kürzer sind. Die zweite Vermutung ist, dass die Bauweise mit vielen natürlichen Fasern bei Biegung viel innere Reibung aufweisen, die diese Schwingungen ausreichend dämpfen, indem sie deren Energie durch Reibung in Wärme umwandeln.
HIer ist die Idee: man baut eine Seilbrücke leicht und ästhetisch schlank mit grosser Spannweite und Durchhängung, bei der man durch Reibungselemente die Energie der Schwankungen, die mit der Verformung verbunden sind, aufnimmt und in Wärme umwandelt, und damit die Schwingungen dämpft. Dazu muss man erst mal überlegen, welche Schwingungen störend auftreten, welche Verformung des flexiblen Baus damit einhergehen, dann dämpfende Elemente für diese Verformung möglichst unauffällig einfügt. Am besten wird man einige Ansätze dazu rechnerisch simulieren, gestützt durch Modellversuche. Besonders ästhetisch erschiene mir, wenn dies durch den Einsatz von natürlichen Materialien in der Konstruktion erfolgen könnte (und nicht durch Ketten von Stossdämpfern). Dämpfende Elastomere könnten dafür auch konstruktiv weniger auffällig eingesetzt werden.
Klassisch mathematisch ist das Problem einer schwingenden Seilbrücke schwer zu lösen, insbesondere mit Massnahmen zur Dämpfung. Ein Blick auf das animierte Rechenergebnis einer gezupften Saite ohne Dämpfung liefert jedoch ein recht gutes Modell für Dämpfungsmassnahmen: Die Auslenkung läuft der Saite entlang, wird am Ende reflektiert und läuft zum gegenüberliegenden Ende und so weiter hin und her. Damit werden zwei Ansatzpunkte für die Dämpfung klar: die laufende Knickpunkt bedingt eine Krümmung der Saite, diese muss zu Energieverlust führen. Die Aufhängung an den Ende muss den selben "Feldwellenwiderstand" nachbilden, wodurch eine Reflexion vermieden wird. Wie setzt man diese Erkenntniss für die Seilbrücke um? Für den Energieverlust bei Krümmung in der Quasi-Horizontalen bietet sich an, die Laufflächen aus zwei überlappenden Holzlagen zu gestalten, deren Krümmung zu einer dämpfenden Reibung zwischen den Lagen führt. Schwieriger und ohne Modellversuche wohl nicht umsetzbar ist die Vermeidung einer Reflexion an der Aufhängung an den Enden. Gegen die horizontalen Schwingungen, das Schaukeln einer langen, durchhängenden Seilbrücke muss die Aufhängung am Ende horizontal, beispielsweise durch Rollen, beweglich sein und im einfachsten Fall, angenähert durch Federn, die Reflexion einer sprunghaften Auslenkung minimiert werden. Zu deren Bemessung kann statisch überprüft werden, dass der Widerstand gegen eine Auslenkung sich bei einer Annäherung an das Ende nicht vergrössert, wie das bei einer unbeweglichen Halterung der Fall wäre.
Wie weiter? Recherchieren im WWW: https://www.studocu.com/de/document/karlsruher-institut-fuer-technologie/wellenphaenomene-in-der-physik/mitschriften/01-skript-wellenphaenomene-in-der-physik/3883148/view liefert eine mathematische Darstellung für Seilwellen. Und beschreibt den Wellenwiderstand
Z=(Kraft, mit der das Seil gespannt ist * Massenbelegung des Seils)ˆ0,5
Ohne auf den Bau eines "Wellenwiderstands" an den Enden des Seils einzugehen, er wird in der zitierten Literatur als Dämpfer bezeichnet, macht die Formel für den Wellenwiderstand klar, dass eine feste, statische Lösung für den Wellenwiderstand einer langen, schlanken Seilbrücke mit wechselnder Belegung durch Personen nicht zum Ziel führt, Schwingungen durch wechselnde Winde, Belegungen und Bewegungen der Last sicher zu unterdrücken. Daher ist die Aufhängung der Seilbrücke an den Enden nur mit einer immer in Betrieb befindlichen aktiven Einrichtung zu betreiben, die im schwierigsten Fall in drei Achsen in der Lage ist, den Seilkräften horizontal, vertikal und longitunal entgegen zu wirken. Dies kann mit einer Servoeinrichtung mit Elektromotoren wahrscheinlich erreicht werden, in Verbindung mit Dämpfer für höherfrequente Kräfte. Das heisst, man lässt Bewegungen der Seilbrücke verschiedener Art zu, die dann an den Enden mit zeitlich veränderlichen Kräften aufgenommen und in die Ruhelage zurückgeführt werden. Oder? Weiter hilft hier sicher die Fahrzeugtechnik mit ihren aktiven und semiaktiven Dämpfungssystemen im Fahrwerk.
Klingt nach einer veritablen Herausforderung. Und damit ist wohl wieder vivat pontifex angebracht.